Predigt am Sonntag nach Ostern 1. Petr 1,3-9 Glaube Hoffnung Leben Mitgestalten

 Predigt zu 1.Petr 1,3-9 (von Henning Porrmann) 

Jesus ist auferstanden. Er ist den Jüngern am See begegnet, wie wir gehört haben. Und auch wenn es komplett unglaublich und unwahrscheinlich war und ist: Die Hoffnung ist in der Welt, dass Liebe und Leben das letzte Wort haben und nicht der Tod. Das ist mehr als Vertröstung. Das ist eine Hoffnung auf Leben, die ganz tief in Menschen anfängt, sich herzenswarm im ganzen eigenen Körper, im Leib und in der Seele ausbreitet und dann übergreift auf die Menschen ringsum, ja wie wir im Pfingstgeschehen sehen werden, auf alle Welt und auf das Zusammenleben.

Was das bedeutet für Menschen, die nicht dabei waren, darüber macht sich der 1. Petrusbrief Gedanken, der so wie der Verfasser sich das wohl vorstellt pauschal an alle Christinnen und Christen gerichtet ist.

Es geht dem Verfasser und ja auch letztlich Gott und Jesus und dem Heiligen Geist um nicht weniger als die Rettung unserer Seelen und das heißt um die Rettung des Lebens.

Kerngeschäft der Kirchen, sozusagen, wenn man denn auf die etwas kurz gedachten Äußerungen unserer Bundestagspräsidentin eingehen will, die auch noch in einer Partei ist, die ein Christlich vor sich herträgt und die sogar katholische Theologie auf Lehramt studiert hat. Eine der Kernaussagen war, dass Kirchen sich doch bitte aus der Politik heraushalten sollen und sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren sollen.

Bei Lebensrettung aber ist der Spaß vorbei. Da muss man sich auch ganz konkret damit auseinandersetzen, was es heißt, dass (ich spreche es hier sehr gerne aus) Tempo 130 oder gar Tempo 120 auf Autobahnen sehr viele Menschen und Tierleben retten würde. Nicht zu vergessen das Leben der Menschen, die im Mittelmeer ertrinken und an den Klimastürmen und Hochwassern der Zukunft zu Grunde gehen. Und nicht zu reden davon, dass wir aufstehen müssen, auch als Kirche gegen eine rechte Ideologie von Menschenverachtung, Polarisierung und Demokratievergessenheit. Gegen Nazis stehe ich auf und erhebe meine Stimme und setze mich für eine Gesellschaft in Vielfalt und Miteinander und Toleranz ein. Insofern: Rettung von Leben hat es immer ohne jeden Zweifel auch mit einer ethischen und politischen, d.h. gesellschaftsgestaltenden Seite zu tun und die muss man aus dem Glauben an den Lebensschaffenden und Lebenserhaltenden und rettenden Gott auch aussprechen dürfen, auch und gerade als Kirche!

Glaube, Hoffnung, Leben, alles das wofür Jesus aufgestanden und auferstanden ist, führt zu Gestaltung und hat politische Relevanz und Auswirkung.

Der Glaube der ersten Christen, an die der heutige Bibeltext gerichtet ist, hatte auch Auswirkungen. Er hat die Menschen mit einer lebendigen Hoffnung auf Leben gegen und trotz dem Tod verbunden. Und er hat sie in den damaligen Gesellschaften oft zu Außenseitern gemacht, die sogar auch verfolgt und ermordet wurden. Glaube musste sich da noch ganz anders erweisen und manchmal mit dem Leben bezahlt werden. Das ist es allerdings nicht, was der Verfasser fordert, sondern er möchte seine Leute und damit auch uns heute ermutigen und daran erinnern, dass wir diese lebendige Hoffnung haben. Und diese Erinnerung haben wir wahrhaftig nötig bis heute. Doch hört erst einmal was da im 1. Petrusbrief im 1. Kapitel in den Versen 3-9 steht. Ic h lese wie so oft aus der BASISBIBEL, die man kostenlos auf der Internetseite der Deutschen Bibelgesellschaft findet. Überschrift: Leben in der Hoffnung 1. Petr. 1,3-9

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit hat er uns neu geboren. Denn er hat uns eine lebendige Hoffnung geschenkt, weil Jesus Christus von den Toten auferstanden ist.

Es ist die Hoffnung auf ein unvergängliches Erbe, das rein ist und nie seinen Wert verliert. Das hält Gott im Himmel für euch bereit, und er bewahrt euch durch seine Macht.

Ihr sollt durch den Glauben gerettet werden. Das wird am Ende der Zeit offenbart werden. Darüber könnt ihr euch freuen. Aber es ist trotzdem nötig, dass ihr jetzt noch eine kurze Zeit leidet. Denn ihr werdet auf verschiedene Arten geprüft werden. Dadurch soll sich zeigen, ob euer Glaube echt ist. Denn er ist wertvoller als vergängliches Gold, das im Feuer gereinigt wird.

Dafür werdet ihr Lob, Herrlichkeit und Ehre erhalten, wenn Jesus Christus wieder erscheint.

Ihr liebt ihn, obwohl ihr ihn nicht gesehen habt. Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht. Deshalb könnt ihr jubeln in unaussprechlicher Freude, die schon von der künftigen Herrlichkeit erfüllt ist. So erreicht ihr das Ziel eures Glaubens: eure endgültige Rettung.

Also, liebe Gemeinde, Ziel des Glauben ist die endgültige Rettung… hmmmm… das hört sich doch jetzt sehr nach Vertröstung an. Auch wenn ihr jetzt ein bisschen leiden müsst, werdet ihr doch um so mehr belohnt werden für Euer Leiden. Überhaupt finde ich, dass wenn dann Sätze und du musst nur dies und das dann wirst du gerettet, glücklich oder irgendwas anderes wollen mir nicht so recht zu Jesus und seine bedingungslosen Menschenliebe passen. Jesus sagt doch ehe, bevor du irgendwas machen musst, hole ich dich aus deinen Lähmungen, aus deiner Trauer, aus dem Griff deine Gedankendämonen heraus. Und dann wirst du meine Kraft spüren und feiern.

So sehe ich jedenfalls den Absatz vorher: Schon jetzt könnt ihr, können wir uns von der zukünftigen Herrlichkeit Gottes, von seiner Lebenskraft nähren. Können wir Gottes Ermutigung in uns spüren. Die Freude greift schon jetzt von der Zukunft auf die Gegenwart über. Ihr liebt ihn, obwohl ihr ihn nicht gesehen habt. Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht. Deshalb könnt ihr jubeln in unaussprechlicher Freude, die schon von der künftigen Herrlichkeit erfüllt ist.

Mega finde ich das. Eine Rückenstärkung Gottes aus der Zukunft für meine Gegenwart. Dieser Glaube erfüllt mich jetzt schon mit Hoffnung auf echtes Leben. Diese Hoffnung gibt mir Kraft aufzustehen, für die Werte, die das Leben lebenswert machen: Mitmenschlichkeit, Solidarität, Verantwortung für diese Welt, Liebe, Mitgefühl, u.m. Wenn das nicht politisches Handeln ist, was aus dem Glauben entspringt.

Der Verfasser sagt und das übrigens mit vielen alten und neuen Mystikerinnen und Mystikern: Im Innersten bist und bleibst du mit Gott verbunden, für immer und ewig. In deinem tiefsten Innersten bist du sicher und heil und findest zur Mitte des Lebens, zu Jesus Christus. Dort ist alle Trennung vom Leben aufgehoben. Dort bist du frei und ganz Du selbst und mit Dir und Gott verbunden. Das ist die Quelle deiner Kraft und deiner Hoffnung.

Das Leid was da als Prüfung für den Glauben erwähnt wird, sehe ich nicht als ein von Gott geschicktes Leid um zu prüfen ob der Glaube auch echt ist. Ganz im Gegenteil sagt der Verfasser: Im Leiden werdet ihr es sehen und spüren und voller Freude bemerken, dass Euer Glaube so stark ist, dass er euch hilft mit dem Leid zu leben. Denn Leid, Schmerz, Angst, Not, Unglück, Krankheit, Fehler und all das gehören doch auch zu jedem Leben mit dazu als ganz normaler Zustand des Lebens in und trotz dem der Glaube stattfindet. Hoffnung, Glaube, Leben: Jesus nimmt nicht das Leid weg, sondern führt im Leid und erfüllt trotz, Tod, Leid und Schmerzen, trotz Versagen und Angst wieder mit Freude, Hoffnung und Mut. Insofern denkt doch gleich wenn wir das Vaterunser beten statt: und führe uns nicht in Versuchung, führe und leite uns in der Versuchung, sei bei uns im Bösen.

Diese Hoffnung, dass Gott da ist, im Guten wie im Bösen, diese Hoffnung ist der unsichtbare Schutz, der unseren Wesenskern vor allem schützt, was ihn zerstören will. Und das ist letztlich die Rettung unserer Seele, nicht erst nach dem Tod, sondern schon jetzt und genau jetzt und immer wieder jetzt.

Das Leid wird nicht ausgeblendet, sondern dient letztlich als Stärkung für den Glauben: Wir werden es sehen und spüren, dass die Hoffnung trägt, durch alle Höhen und Tiefen des Lebens und mit Jesus sogar durch die tiefste Tiefe den Tod.

So kann es auch für uns durch das Leid, durch die Trauer, durch den Schmerz gehen zu einem neuen Leben, von dem der Verfasser spricht. Wohlgemerkt, durch und nicht dran vorbei. Trauer will und muss gefühlt werden, damit sie sich verwandeln kann. Wenn ich (wieder) Freude fühlen will muss ich auch das Traurige fühlen, ich kann nicht nur die negativen Gefühle abgrenzen. Ich finde, in seiner Sprache nimmt das der Petrusbrief hier auf. Mitten in einem Leben, dass durch Brüche, Unvollkommenheiten und Fragmente ge(kenn)zeichnet ist, ist da auch mit einem UND verbunden, der Raum, in dem ich ganz und heil bin, mit Gott verbunden. Das gibt mir die Fähigkeit, die Kraft, hinzuschauen auch auf das kaputte in meinem Leben oder im Leben der Welt. Das gibt mir auch die Fähigkeit mich (wieder) berühren zu lassen vom Leid und vom Elend in den Nachrichten und den Geschichten der Menschen die mir nahestehen. Ich muss nicht mehr angstvoll die Augen verschließen, sondern kann mich im Leid und auch im Mitgefühl tragen lassen von der Kraft des Lebens in allem Leben, die durch nichts zu beseitigen ist, auch nicht durch einen grausamen Mord am Kreuz.

Und damit sind wir am Ende wieder bei der Politik und beim Mitgestalten des gemeinsamen Lebens. Aus meiner inneren Kraft heraus, die ich in der Hoffnung bei Gott finde, fange ich an mir Gedanken zu machen und was ich dazu beitragen kann, dass die Welt ein hoffnungsvoller und liebevoller und lebendiger Ort bleibt.

Bei all dem trägt und begleitet uns der Friede Gottes, der alle Vernunft übersteigt. Dieser Frieden bewahre unseren innersten Wesenskern, unsere Herzen und Sinne in der Gegenwart Gottes durch Christus Jesus. Amen.

Predigten aus der Schlosskirche